Neue Urteile zu geschützten Calluna-Sorten
Am 26. April 2007 erging das bisher letzte Urteil, welches der Heidezüchter Kurt Kramer gegen mehrere Verletzer an Schutzrechten seiner geschützten Sorten erstritten hat. Diese Urteile sind insbesondere auch für Pflanzenhändler von großer Bedeutung.
Eine Handelsfirma kaufte im September 1997 bei einem französischen Produzenten die in Deutschland und Holland geschützte weiße Knospenheidesorte 'Melanie' und bat den Schutzinhaber Kramer um Erlaubnis zum Weiterverkauf. Ihr war durch eine vorhergehende Unterlassungsforderung bekannt, dass der Produzent keine Erlaubnis zum Anbau dieser Sorte hatte. Der Weiterverkauf wurde für diesen Fall ausnahmsweise gegen Zahlung einer Lizenzgebühr und Kennzeichnung mit Sortenbezeichnung und Schutzhinweis gestattet. Es wurde darauf hingewiesen, dass die Zustimmung vor einer Einfuhr einzuholen sei.
1998 erschienen auf deutschen Märkten dann in großer Menge in verschiedenen Farben gefärbte, eigentlich weißknospige Callunen. Es ließ sich nachweisen, dass diese zum Teil von der gleichen Handelsfirma geliefert wurden. Der Händler gestand auch die Einfuhr vom gleichen Produzenten, erklärte aber, dass es sich nicht um die in Deutschland geschützte 'Melanie', sondern um die in Frankreich geschützte 'Mont Blanc' handeln würde.
Die in jenem Jahr gesicherten Pflanzen wurden beim Bundessortenamt, Prüfstelle Rethmar zum Vergleich aufgepflanzt. Nachdem diese im Sommer 1999 dort nach dem Neuaustrieb, also ohne die aufgesprühte Farbe, nicht von der Sorte 'Melanie' zu unterscheiden waren, warnte Kramer durch eine Annonce in der TASPO alle Händler vor einem weiteren Einkauf ohne Prüfung der Rechtslage. Danach wurde mit den meisten Händlern, welche diese gutgläubig gekauft hatten, eine außergerichtliche Einigung erzielt.
Der besagte Händler bestand weiterhin auf der Behauptung, dass es sich bei den Pflanzen um eine andere Sorte handeln würde. Schließlich habe das französische Sortenamt einen Unterschied festgestellt und am 24.11.1999 Sortenschutz erteilt. Dabei hatte das französische Sortenamt im ersten Jahr der Prüfung überhaupt keine 'Melanie' als Vergleichspflanzen zur Verfügung. Diese wurden erst auf Drängen Kramers im Folgejahr durch das Bundessortenamt als ältere und dadurch eigentlich nicht vergleichbare Pflanzen nachgeliefert.
Da auch weitere außergerichtliche Bemühungen nichts nutzten, wurde am 17.07.2000 beim Landgericht Düsseldorf Klage gegen den Importeur wegen Sortenschutzverletzung eingereicht. Die französische Firma als Produzent trat der Beklagten als Streithelferin bei. Schon am 22. Mai 2001 urteilte das Landgericht, dass die angebliche Sorte "Mont Blanc" nicht unterscheidbar von 'Melanie' ist, die Einfuhr daher unrechtmäßig war und der Händler zur Auskunft und zum Schadenersatz verpflichtet sei. Erst jetzt stellte der Händler vermutlich den Import der Sorte ein.
Gegen das erstinstanzliche Urteil legte jedoch der Händler und die Streithelferin Berufung ein und zweifelten unter anderem mehrere zugrunde liegende Gutachten an. Daher ordnete das Oberlandesgericht am 7. Januar 2004 ein Gutachten durch Prof. Dr. Spethmann mit einem Vergleichsanbau bei der Universität Hannover an. Auch dieses Gutachten ergab im Februar 2006 nach 2 Jahren Beobachtung wiederum eine Nichtunterscheidbarkeit und damit eine Sortenschutzverletzung.
Das Oberlandesgericht bestätigte nun im wesentlichen das Urteil des Landgerichtes. Die Beklagten wurden zur Unterlassung, zur Auskunft und zum Schadenersatz verurteilt. Eine Revision vor dem Bundesgerichtshof wurde nicht zugelassen. Die Begründung ist für Außenstehende nicht eindeutig erläutert. Ergänzend wird von Kramer erklärt, dass der Bundesgerichtshof in einer gleichgerichteten Klage gegen eine Baumarktkette schon am 14.2.2006 grundsätzliche Dinge entschieden hat. Dieser Fall ist abgeschlossen, als Schadenersatz musste auch der erzielte Gewinn herausgegeben werden.
Das vollständige Urteil ist hier oder bei www.bundesgerichtshof.de unter "Entscheidungen" und dem Aktenzeichen X ZR 93/04 bzw. Suchbegriff "Melanie" einzusehen.
Diese grundsätzlichen Feststellungen sind unter anderem:
Ein Händler muss prüfen, ob es sich um eine geschützte Sorte handelt und ob diese rechtmäßig erzeugt wurde. Dies gilt insbesondere, wenn Pflanzen aus einem anderen Land eingeführt oder vom Züchter schon ein Hinweis auf unrechtmäßige Erzeugung erfolgt ist.
Zur Feststellung der Identität der Klagesorte mit der geschützten Sorte genügt eine Pflanze. Nur im Zweifelsfall ist eine Nachvermehrung mit Vergleichsanbau oder eine DNA-Untersuchung nötig.
Eine in diesem Zusammenhang für Produzenten und Händler auch wichtiges BGH-Urteil ist das aus dem Jahre 2004, einzusehen unter dem Aktenzeichen X ZR 203/01 bzw. Suchbegriff "Barbara" im Zusammenhang mit dem Folgeurteil des OLG Düsseldorf vom 2.Juni 2005. Ein großer Calluna-Produzent wurde dazu verurteilt, die Schutzrechte der beiden Sorten 'Barbara' und 'Verena' auf den Züchter Kramer zu übertragen. Dies ist inzwischen auch erfolgt. Es wurde in der fast 10 Jahre andauernden Klage unter anderem durch DNA-Untersuchung nachgewiesen, dass die ursprünglichen Pflanzen dieser Sorten 1992 unberechtigt aus dem Züchtungsbetrieb gelangt waren.
Diese Sorten wurden in den letzten Jahren von Kramer und seinen Lizenzkontrolleuren auch nicht mehr in Endverkaufsbetrieben vorgefunden. Allerdings, und das ist das Wichtigste dabei, wurden in großer Menge weißknospige Mutanten dieser ursprünglich lilafarbenen Sorten vorgefunden. Ein Heidefachmann und erst recht der Ursprungszüchter erkennt Farbmutanten daran, dass diese die gleiche Wuchs-, Blütenform und Blütezeit haben. Diese Erkenntnis wurde inzwischen durch eine umfangreiche DNA-Untersuchung eindeutig bestätigt. Die bisherigen Probekäufe sind beim Bundessortenamt gesichert.
Nachdem sich das deutsche Sortenschutzrecht seit 1997 und das gemeinschaftliche (europäische) von Anfang an (1994) auch auf "abgeleitete Sorten" erstreckt, ist der Verkauf durch den Produzenten und der Handel damit ohne die Erlaubnis des Züchters rechtswidrig. Der Schutzinhaber kann und wird dementsprechend Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz fordern.
Die Mutanten sind klassische Ableitungen, denn geringer kann der genetische Unterschied nicht sein.
Kurt Kramer